Mir hat ein ganz wundervoller, bewusster junger Mann auf Instagram eine Frage gestellt, die ich gerne beantworten möchte. Die Frage war: „Ich habe gesehen, wie stark du dich entwickelt hast und innerlich so richtig aufgegangen bist. Und mich würde interessieren: Was war eine prägende Situation, die dazu geführt hat, dass du angefangen hast an dir zu arbeiten, egal ob im Außen oder Innen?“ Danke für diese fantastische Frage und dein bewusstes Sein! Es braucht mehr Männer wie dich!
Es war nicht EINE prägende Situation, es waren GEFÜHLTE TAUSENDE.
Es war die Ausreise meiner Eltern aus der DDR mit mir im Sommer 1989. Damals dachten sie noch, die DDR würde ewig bestehen. Es war diese Irritation, dass ich fast die selbe Sprache sprach wie die anderen Schulkinder in den drei Grundschulen in Hessen und Rheinland-Pfalz, in denen ich war (okay, ich habe sächsisch geredet). Ich sah auch aus wie die anderen westdeutschen Kinder, verhielt mich aber so ganz anders. Ich wirkte wohl auf sie wie eine komische Deutsche, die sie nicht einordnen konnten. Diese Situation verstand ich als Siebenjährige nicht.
Es war der Tod meines geliebten, hochsensiblen, künstlerischen Opas im selben Jahr. Dieser Tod führte dazu, dass ich nachts im Übersiedlerwohnheim in Gießen weinte und im Schlaf nach ihm schrie.
Es war das Aufwachsen mit einem ungerechten Vater. Er hat versucht, mein Selbstbewusstsein zu zerstören. Er hat mir die Lebensaufgabe geschenkt, mir als erwachsene Frau mein Selbstvertrauen Millimeter für Millimeter aus dem Nichts her zu zaubern. Erst als Erwachsene verstand ich, dass er alkoholkrank und Narzisst war.
Es war der Schmerz in einer leistungsorientierten Ellenbogen-Schule lernen zu müssen und die Erkenntnis nach 12 Jahren Schule und Abitur, dass ich keine Ahnung hatte, wer ich war.
Es waren auch immer wieder körperliche Krankheiten, Krisen und Schmerzen. Es waren die chronischen Rückenschmerzen vor meinem Studienabbruch der Geisteswissenschaften, der Burnout mit 26 Jahren, der Ausbruch meiner Neurodermitis, meiner Rosazea und meiner Schilddrüsenunterfunktion. Und immer auch die Auseinandersetzung mit: Was will mir mein Körper sagen? Wie kann ich heilen?
Es war der Schmerz einer Trennung. Es war der Schmerz, mit einem wundervollen Partner mit sieben Jahren gemeinsamer Partnerschaft nicht weiter zu kommen und es beenden zu müssen.
Es war der Schmerz mich nicht mehr wie ICH zu fühlen. Es war der Schmerz, nach drei Kindern und vier Schwangerschaften nicht mehr so auszusehen und mich körperlich so zu fühlen wie vorher. Es war der Schmerz, die Frau im Spiegel nicht mit meinem inneren Selbstbild von früher zusammen zu bekommen. Es war der Schmerz, mit drei Kindern nicht mehr so viel Kraft und Zeit zu haben wie vorher für meine Kreativität und meine Träume.
Es war der Schmerz des Scheiterns. Es war der Schmerz, dass mein Traum, nach Costa Rica auszuwandern, beim ersten Versuch nicht geklappt hatte.
Es war immer, immer wieder dieses Sackgassen-Gefühl, fest zu hängen, nicht weiter zu kommen, nicht aus der Ecke raus zu kommen. Das alles waren prägende Situationen, die etwas mit mir gemacht haben, etwas in mir ausgelöst haben und das Gefühl für mein Selbst haben wackeln lassen und mich in Frage stellen lassen.
Ich wollte mich jedoch immer aus dem Schmerz frei strampeln. Nicht aufgeben. Nicht untergehen. Kein Opfer sein. Kein Roboter sein. Nicht fremdbestimmt sein. Durch mein Leben bin ich eine Kämpferin geworden und ich werde mich immer aus dem Schmerz heraus kämpfen und heraus heilen.
Ich wusste trotz Allem tief in mir immer: Ich bin genau richtig, so wie ich bin! Ich lasse mich nicht von dem Schmerz einsperren in der Sackgasse. Ich lasse mich nicht von dem Schmerz regieren.
ICH bin die Königin meines Lebens.
Alles Liebe, Eva Bea