Ich schreibe diesen Tagebucheintrag während des Kontaktverbotes der Corona-Krise, am 15.April 2020, 14h.
Einige Länder haben eine Quarantäne ausgerufen. In Deutschland gibt es ein Kontaktverbot mit der Empfehlung, zu Hause zu bleiben und nur zum Einkaufen und für Arztbesuche rauszugehen.
Uns geht es gut. Wir wohnen in einer kleinen Gartenhütte in Randberlin. Ich habe gemeinsam mit meinem Mann drei Kinder unter 10 Jahren.
Meine Familie ist zu Hause gewesen den ganzen letzten Monat. Die Große geht in eine freie Schule, die wegen der Corona-Pandemie zu war, bzw. ihre Angebote digital gemacht hat.
Auch wenn wir wenig Platz haben in unserer Gartenhütte, so hatten wir jedoch viel Glück mit dem schönen Wetter und unserem Garten. In anderen Ländern müssen die Bewohner von Großstädten in der Wohnung bleiben. Sie konnten noch nicht einmal in den Park gehen.
Wir hatten den großen Luxus, einen großen Garten zu haben und während des schönen Wetters im April draußen abzuhängen, mit Hängematte, Yogamatte, Zelthöhle für die Kinder und glutenfreie selbst gebackene Pizza essen, wie in einem Wohnzimmer draußen im Freien.
Wir haben den letzten Monat während des Kontaktverbotes genossen. Davor habe ich bereits meine zwei jüngeren Kinder zu Hause ohne Kindergarten betreut. Mein ältestes Kind und mein Mann waren jeden Tag drei Stunden unterwegs, um mit dem öffentlichen Nahverkehr durch Berlin zu pendeln. Es war eine unglaubliche Erleichterung, dass diese Zeit des Pendelns weggefallen ist, weil die Schulen zu sind und mein Mann Home Office macht.
Hier in Randberlin war einerseits nicht viel anders als sonst, andererseits war Alles anders als sonst.
Nicht verändert hat sich, dass es hier sehr ruhig ist und menschenleer. Das Viertel neben uns ist ein Schlafviertel: Die Bewohner pendeln mit dem Regionalverkehr nach Berlin rein und kommen eigentlich nur zum Schlafen nach Hause. Es gibt viele Rentner hier.
Der größte Unterschied war: Normalerweise fliegen über uns die Flugzeuge, weil wir in der Einflugschneise des Flughafens wohnen. Es flogen den ganzen letzten Monat selten Flugzeuge, so dass wir tatsächlich wie in einem Paradies gelebt haben :).
Das Gruseligste war als am Ostersonntag ein Hubschrauber mehrere Runden über uns drehte. Es war eindeutig kein Hubschrauber, der von A nach B flog. Wir vermuten, dass es ein Hubschrauber war, der von Oben kontrollierte, dass sich an Ostern keine großen Menschenmassen versammelten.
Natürlich haben wir uns während der Corona-Zeit zu Hause als Großfamilie auf wenig Quadratmetern viel gestritten, angeschrien und gegenseitig genervt.
Aber es war auch wunderbar, sich neu kennenzulernen. Ich leide teilweise unglaublich darunter, dass mein Mann jeden Werktag im Hamsterrad verschwindet- durch das Home Office diesen Monat hatten wir nicht nur physische Nähe ;).
Während ich das schreibe, treffen sich gerade die Ministerpräsidenten von den einzelnen Bundesländern und beraten mit Angie, der jetzigen Chefin Deutschlands, Angela Merkel, wann das Kontaktverbot gelockert werden soll und die Schulen wieder öffnen.
Natürlich hoffe ich für die Selbstständigen und den Einzelhandel, dass die Corona-Maßnahmen bald gelockert werden.
Aber für uns als Familie hat die Corona-Pandemie eine magische Zeit des tiefen, erneuten Kennenlernens ermöglicht. (Es war auch supersch**ß anstrengend.)
Ich hoffe, dass es in vielen Berufsgruppen noch normaler werden wird, dass Eltern Home Office machen können, wenn sie wollen. Ärzte bieten mittlerweile Video-Sprechstunden an. Deutschland hinkt in der digitalen Entwicklung international immer noch so hinterher, dass ich insofern glücklich bin, dass wir uns gerade digital entwickeln müssen.
Ich habe in einer Harvard-Studie gelesen, dass „Social-Distancing“-Maßnahmen bis 2022 vorhergesehen werden wegen der Corona-Pandemie. Ich glaube, dass Corona nicht einfach nur wie eine kurze Grippewelle war- ich glaube, dass wir wie bei 9/11, als die Flugzeuge in die Twin Towers geflogen sind, von einem davor und einem danach reden werden: vor der Corona-Pandemie und nach der Corona-Pandemie.
Heute war ich zum ersten Mal einkaufen seit einem Monat. Mit meinem Körper, in echt, im „Real Life“. Es war wie eine andere Welt. Die Bilder, die ich gesehen habe, haben mich an Szenen in Science-Fiction-Filmen erinnert.
Menschen mit Masken. An den Kassen und bei den Busfahrern ist alles mit Folie und Kunststoff abgesperrt und geschützt. Viele Geschäfte geschlossen. Vor den wenigen geöffneten Geschäften sind Absperrbänder, um den Fluss der Menschen zu kontrollieren, mit Markierungen auf dem Boden, um den Abstand zu gewährleisten beim Warten der Menschen in der Schlange. Beim Betreten und Verlassen der Supermärkte wird empfohlen, sich die Hände zu desinfizieren. Die meisten Menschen versuchen einen Abstand von ein bis zwei Metern einzuhalten, obwohl das hier in Randberlin schwierig ist in den Einkaufszentren. Es sind recht viele Menschen unterwegs, obwohl das Kontaktverbot noch gilt.
Wir sind in einer vollkommen neuen Welt angekommen. Aber ich als sturer Optimist glaube ganz fest daran, dass uns diese Krise hilft, das digitale, freie Lernen, Lehren und Arbeiten voranzubringen und Arbeitsbedingungen vor allem für Eltern zu verbessern. Auf einmal ist Homeschooling und Home Office möglich, das Alles „nur“ wegen Viren.
Auch wenn ich sonst kritisch bin mit Deutschland, bin ich jetzt zufrieden, wie Angie mit der Corona-Krise umgegangen ist: Sie hat recht früh reagiert und hat gleichzeitig mit dem Kontaktverbot statt einer strengen Quarantäne den teilweise traumatisierten Deutschen nicht zuviel zugemutet. Ein Reiseverbot ist für ehemalige DDR-Bürger schon eine krasse Geschichte, geschweige denn eine Quarantäne!
Wie erging es dir und deiner Familie während des Kontaktverbotes während der Corona-Pandemie? Wie hat sich dein Leben verändert an deinem Wohnort?
Ich freue mich von dir zu hören,
Alles Liebe, Eva Bea💋