Ich habe ADHS.
Ich bin eine vielbegabte Scanner-Persönlichkeit.
Ich bin hochsensibel.
Hä? Was bedeutet das? Wieso ist das wichtig? Eva, nimmst du dich nicht ein bisschen zu wichtig?
Okay, nochmal von vorn. Der chronologischen Reihe nach.
1. Ich bin eine vielbegabte Scanner-Persönlichkeit
Zuerst habe ich entdeckt, dass ich eine Scanner-Persönlichkeit bin. Ich habe viele verschiedene Hobbies ausprobiert, Kunstformen, Boyfriends ;), Orte, Studiengänge. Dann fiel mir eines Tages bei einer Freundin das Buch in die Hand: „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast.“ von Barbara Sher.
Holla die Waldfee, schlug der Titel ein bei mir! Ich: Tausend Träume ja! Das Problem: Ich muss mich zwischen den Träumen entscheiden: Ja! Hier!
Es war eine unglaubliche Erkenntnis: Ich muss nicht eine Sache tausend Jahre lang machen. Ja, es gibt Menschen, die „Taucher“, die sich ihr Leben lang nur mit einen Thema beschäftigen oder eine Berufung haben. Diese Menschen haben schon als Kind eine klare Antwort auf die Frage: „Was willst du werden.“
Ich nicht. Ich habe tausend Dinge ausprobiert. Ich habe viele verschiedene Talente. Ich war Sängerin, Clownin, Yogalehrerin, Performancekünstlerin, habe Gedichte geschrieben und bin Bloggerin. Ich habe eine Weiterbildung zur Social Media Managerin gemacht. Ich habe jahrelang gefilmt bevor es Smartphones gab. Ich war kurz Kamerafrau. Ich bin Dreifachmutter. Ich spreche Deutsch als Muttersprache, außerdem fast fließend Englisch, sehr gut Spanisch und Französisch.
Ich bin eine Scanner-Persönlichkeit. Das bedeutet, dass ich nicht nur ein Hobby, ein Talent, eine Berufung habe. Ich habe viele Interessen, viele Begabungen, Talente, Ideen.
2. Ich bin hochsensibel
Was bedeutet es, dass ich hochsensibel bin und wie habe ich das entdeckt? Irgendwie ist mir das bei meiner Recherche im Internet über die Füße gefallen. Ich erinnere mich, dass ich gleich wusste: Ja, das fühlt sich richtig an: Ich bin hochsensibel. Ich fühle ganz sensibel die Energien anderer Menschen. Es ist manchmal zuviel und ich kann nicht zu lange unter vielen Menschen sein. Mein System ist sehr offen und ich bekomme auch noch mit, in welchem Beziehungszustand das Paar ist am vierten Nachbartisch neben mir.
In diesem Artikel habe ich schon ganz früh darüber geschrieben, wie es sich für mich anfühlt, dass ich hochsensibel bin. Das war bevor ich wusste, dass ich ADHS habe.
3. Ich habe ADHS
Als Letztes habe ich entdeckt, dass ich ADHS habe. Dafür habe ich am Längsten gebraucht.
Eines meiner Kinder hat sich anders verhalten. Auf Instagram habe ich die us-amerikanische Unternehmerin und Influencerin Chalene Johnson entdeckt. Auf Instagram hat sie in Videos gezeigt wie ADHS bei ihr als erwachsener Frau aussieht. Ich habe sofort meine Tochter darin gesehen. Danke Algorithmus!
Ich habe weiter recherchiert über ADHS bei Frauen und bei Mädchen. Ich kannte nur ADHS bei Jungs. Mir war nicht bewusst, dass auch Erwachsene ADHS haben können. Ich wusste nicht, wie sich ADHS bei Mädchen und Frauen zeigt. Beim Lesen fiel bei mir ein Groschen nach dem Anderen. Ich las die Beschreibung der Eigenschaften von Mädchen und Frauen mit ADHS und dachte mir: Ich dachte, das ist meine Persönlichkeit. Es gibt noch Andere wie mich?
Dann begab ich mich in Diagnosestellung und ja, ich habe ADHS. Ich habe meine Diagnose ADHS erst mit 39 Jahren bekommen.
Das war das letzte (bis jetzt letzte 😉 ) Puzzleteil, was ich brauchte, um meine Persönlichkeit und meine Bedürfnisse zu verstehen.
Bei mir zeigt sich das ADHS vor Allem in den Bereichen Erinnerung, Motivation und dem Hinterherjagen des nächsten Glücksmomentes. Biochemisch super einfach erklärt: Dopamin ist bei mir nicht einfach da. Ich muss es mir besorgen.
4. Die verschiedenen Qualitäten von ADHS, Hochsensibilität & Vielbegabung
Wenn ich mich in die Qualitäten einfühle, die für mich die Begriffe vielbegabt, hochsensibel & ADHS haben, so fühle ich, die Erlaubnis zu sein, so wie ich bin und nicht so wie mich die Anderen haben wollen.
Die Scanner-Persönlichkeit erlaubt mir verschiedene Themen zu durchgrasen und zu durchrasen. Ich habe gelernt: Richtig wichtig und gut bin ich mit meiner Lernfreude. Wie eine Journalistin tauche ich tief in ein Thema ein, lerne einen Menschen, einen Ort kennen- Und es ist okay, wenn ich Themen, Menschen, Orte auch wieder loslasse, weil meine Neugierde auf das Neue so groß ist.
Durch das ADHS weiß ich, dass in diesen Momenten mein Hyperfokus reinkickt. Meine Motivation, jetzt, sofort alles neu zu erfahren ist so hoch, dass sie mir hilft, die Motivationslosigkeit meines ADHS zu überwinden und in wahnsinnig kurzer Zeit ganz tief mit einem Thema, einem Menschen, einem Ort zu gehen.
Das ADHS und meine Vielbegabung treiben mich aber auch weiter. Ich bin neugierig, was es noch gibt hinter dem nächsten Horizont.
Manchmal beneide ich Menschen, die eine Art Grundzufriedenheit mit dem Leben ausstrahlen. Ich weiß, das ist eine Herausforderung bei mir. Das darf ich noch lernen. Ich will oft noch mehr, noch weiter, noch tiefer, noch intensiver, noch lauter.
Die Hochsensibilität weist mich auf meine Gabe hin, tief zu fühlen, in mir und in den Anderen. Sie weist mich auch darauf hin, dass ich auf meine Grenzen achte, wenn ich in der Überreizung bin und alle Reize zuviel sind. Die hochsensible Seite in mir holt die Abenteuerin manchmal zurück und sagt sanft: Jetzt brauchen wir Ruhe, Stille, zu Hause sein, Alleinsein.
Mit dem ADHS gesprochen: Mein Wahrnehmungsfilter funktioniert nicht so gut wie bei anderen Menschen. Ich nehme sehr viel wahr. Manchmal zuviel. Dann ist die Welt viel zu laut. Dann brauche ich leise.
Die Hochsensibilität erinnert mich daran, dass ich die Gabe der offenen Wahrnehmung habe, der Intuition, des tiefen Fühlens. Sie erinnert mich aber auch daran, mich zu schützen, meine Energie zu schützen und meine Grenzen nicht zu vergessen.
Vielleicht können andere Menschen einen Vollzeitjob im Großraumbüro machen, 3 Kinder haben und Abends noch etwas unternehmen. Ich kann das nicht. Die Begriffe ADHS und Hochsensibilität helfen mir in diesem Punkt mich zu verstehen, mich bewusst abzugrenzen und nicht zu verurteilen.
5. Radikale Selbstakzeptanz
So bin ich nun mal. Ich kann Dinge gut. Ich kann andere Dinge schlecht. Das Bewusstsein darüber was ich gut kann und was nicht, bedeutet nicht, dass ich mich zu wichtig nehme.
Ich bin nicht zu viel oder zu wenig. Ich bin genau richtig, so wie ich bin. Ich lerne genre jeden Tag dazu, aber mein Wesenskern ist okay und ich muss mich nicht an das anpassen, wovon ich denke, dass es gesellschaftlich akzeptiert sei.
Ich sehe es als wichtig, mich zu kennen, ein Leben zu führen, was zu mir passt und Begriffe dafür zu haben, erstmal nur für mich.
Denn viele andere Menschen können leider mit diesen Begriffen noch Nichts anfangen.
Aber daran arbeite ich.